Betriebswirtschaftliche Analyse
Ein profundes Konsultationsverfahren beinhaltet die Arbeit mit Kennzahlen, Daten und Berechnungsmethoden, die Grundlage für strategische Planungen der zentralen Leitung sind. Damit sich ein Europäischer Betriebsrat ein Bild machen und eine eigene Meinung formulieren kann, ist eine genaue Analyse dieser Daten notwendig. Hierfür werden Sachverständigenbüros vom EBR hinzugezogen. Am stärksten ist dies in Frankreich üblich, dem Mutterland des Konsultationsmodells. → Bericht über Betriebsräteberatung in Frankreich
In Frankreich reichen die Informationsrechte für Arbeitnehmervertreter weiter als in Deutschland – so etwa die Anhörung im Falle einer Betriebsänderung. Sie geht auch weit darüber hinaus, was in einem deutschen Wirtschaftsausschuss möglich ist und kann sich über längere Zeit hinziehen. In Frankreich kann der Berater des Betriebsrates nicht nur sämtliche Bücher des Unternehmens einsehen, sondern führt auch Vieraugengespräche mit dem Vorstandsvorsitzenden.
Französisch geprägte Europäische Betriebsräte benennen meist ein Beratungsinstitut als dauerhaften Sachverständigen. Zunehmend entwickeln EBR-Berater fundierte Gegenpositionen und Alternativen zu Restrukturierungskonzepten. Es geht darum, möglichst frühzeitig Einfluss zu nehmen, noch bevor die Konzepte der Firmenleitung überhaupt ausgearbeitet sind.
Unsere Unterstützung als Sachverständige beinhaltet:
- Regelmäßige Analyse von Geschäftszahlen, die dem EBR vorgelegt werden
- Unterstützung bei der Implementierung eines betriebswirtschaftlichen Reportings
- Begleitung von Konsultationsverfahren durch Begutachtung der Konzepte des Arbeitgebers
- Strategieberatung zur Zielfindung bei laufenden Konsultationsverfahren
- Unterstützung bei der Implementierung besserer Konsultationsverfahren
- Betriebswirtschaftliche Gutachten und Wirtschaftlichkeitsanalysen
- Ausarbeitung von Konzepten zur Beschäftigungs- und Standortsicherung
- Sanierungskonzepte, Change-Management, Post-Merger-Integration
Ein anschauliches Beispiel aus unserer Arbeit
Im Juni 2011 gab die zentrale Leitung des US-Automobilzulieferers Visteon bekannt, ein Werk in Andalusien mit etwa 400 Beschäftigten zu schließen. Der EBR beauftragte uns mit der Beratung im Rahmen des Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens. Hierfür stellten wir ein deutsch-spanisches Beraterteam zusammen. Gleichzeitig fand vor dem Landesarbeitsgericht Köln eine Auseinandersetzung über die Rechte des EBR statt. → siehe Bericht
Die koordinierte Gegenwehr der Betriebsräte auf europäischer und spanischer Ebene führte zu einem unverhofften Ergebnis: im November 2011 wurden die Massenentlassungen von den Arbeitsbehörden in Andalusien untersagt. Begründung: der Arbeitgeber habe nicht alle Alternativen zur Werksschließung geprüft. Erst nach weiteren Konsultationsrunden wurde Ende Januar 2012 ein Sozialplan geschlossen, der Entschädigungszahlungen von Visteon als auch einen Verkauf des Werkes an den spanischen Staat vorsieht, damit dieser sich um einen Investor bemühen kann.
Erst danach beendete der Europäische Betriebsrat das Konsultationsverfahren und beschloss seine Stellungnahme. Sie stützte sich auf unsere betriebswirtschaftliche Analyse, die ein Fehlverhalten im Managementprozess aufzeigt, das bis ins Jahr 2007 zurückreicht.
Weitere Beispiele aus unserer Arbeit:
→ Holcim → Alliance Healthcare → Wabco → Dana → Avaya